Abstimmungsschablonen – erfreulich, aber nicht genug

Die Vernehmlassung «Politische Rechte» dreht sich um verschiedene Anpassungen der Rechtsmittel und Regeln im politischen Prozess. Der SBV begrüsst die vorgeschlagenen Änderungen grundsätzlich, hat aber zu einem Unterthema wichtige Ergänzungen vorgeschlagen: zu den sogenannten «Abstimmungsschablonen». Diese sollen neu auf nationaler Ebene eingeführt werden und blinden und sehbehinderten Menschen ermöglichen, autonom zu wählen – und damit ihr Stimmgeheimnis zu wahren.

Aktuelle Situation ist verfassungswidrig

Das wichtige Grundrecht, sein Stimm- und Wahlgeheimnis zu wahren, ist im Bundesgesetz über die politischen Rechte festgeschrieben. Die aktuelle Situation, in der blinde Menschen zwingend auf eine Zweitperson angewiesen sind, um wählen und abstimmen zu können, verstösst gegen dieses Recht. Es besteht grosser Handlungsbedarf.

Der SBV setzt sich daher dafür ein, dass endlich die nötigen Massnahmen eingeführt werden, um allen stimmberechtigten Bürgerinnen und Bürgern das barrierefreie Wählen und Abstimmen zu ermöglichen. Langfristig die beste Lösung hierfür wäre die elektronische Stimmabgabe (E-Voting).

Abstimmungsschablonen – erster Schritt mit verpassten Chancen

Abstimmungsschablonen bieten einen einfachen und pragmatischen Lösungsansatz, die Ausübung politischer Rechte von Menschen mit einer Sehbehinderung zu verbessern. Der Lösungsansatz könnte kostengünstig und effektiv auch auf kantonale und kommunale Abstimmungen übertragen werden und bietet damit grosses Potenzial.

Auch einige einfache Anpassungen der geplanten Schablone hätten einen grossen Mehrwert: Durch eine zusätzliche Aussparung auf der Rückseite der Schablone und ein taktiles Element auf dem Stimmrechtsausweis wäre es möglich, den Stimmrechtsausweis korrekt in die Abstimmungsschablone einzulegen und ihn autonom zu unterschreiben. Ein taktiles Element würde zudem garantieren, den Stimmrechtsausweis korrekt ins Antwortcouvert einlegen zu können.

Dadurch wäre es möglich, die briefliche Stimmabgabe autonom und selbstbestimmt zu vollziehen. Obwohl diese Möglichkeit bekannt war, wurde bei der Ausformulierung des neuen Gesetzes aber darauf verzichtet, den Grundsatz zum autonomen Abstimmen darin zu verankern – aus Sicht des SBV eine verpasste Chance.

Kein Ersatz für die elektronische Stimmabgabe

Der Einsatz von Abstimmungsschablonen kann längerfristig zudem auf keinen Fall als Ersatz für eine in allen Phasen barrierefreie elektronische Stimmabgabe betrachtet werden. Im erläuternden Bericht wird in Aussicht gestellt, dass mittel- bis langfristig die elektronische Stimmabgabe sehbehinderten und blinden Menschen – wie auch anderen Menschen mit Behinderung – die barrierefreie Ausübung der politischen Rechte ermöglichen soll. Der SBV unterstützt diese Absicht und ist davon überzeugt, dass letztlich nur eine in allen Phasen barrierefreie elektronische Stimmabgabe (Accessibility und Usability) ein autonomes Abstimmen bzw. Wählen unter Berücksichtigung des Stimmgeheimnisses sicherstellen kann.

 

Bildquelle: SBV / Rafael Bornatico