Diskriminiert wegen Sehbehinderung: Auch zweite Instanz gibt Vivien Stadler recht
Vivien Stadler wurde aufgrund ihrer starken Sehbehinderung vom Studium an der Pädagogischen Hochschule (PH Zürich) ausgeschlossen. Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich hat nun als zweite Instanz bestätigt: Dieser Ausschluss ist diskriminierend und damit verfassungswidrig erfolgt.
Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich kam zum Schluss, dass sowohl die bereits ausgeübte Lehrtätigkeit von Vivien Stadler als auch die weiteren Beispiele von Lehrpersonen mit Sehbehinderungen die gesundheitliche Eignung zum Lehrberuf belegen. Bildquelle: unsplash
Der Fall
Das Rektorat der PH Zürich verweigerte Vivien Stadler im Sommer 2023 die Zulassung zum Studium auf Stufe Primarschule. Dies mit der Begründung, dass sie wegen ihrer starken Sehbehinderung aus gesundheitlichen Gründen nicht geeignet sei, als Lehrerin zu arbeiten. Vivien Stadler bringe nicht die nötigen Voraussetzungen mit, sämtliche Lehrinhalte zu unterrichten und könne die Aufsichtspflicht über eine Klasse nicht wahrnehmen.
Zum Zeitpunkt der Ablehnung unterrichtete Vivien Stadler jedoch bereits an einer Schule für Kinder mit Seh- und anderen Behinderungen. Zudem verwies Vivien Stadler im Verfahren auch auf andere Lehrpersonen mit starken Sehbehinderungen oder Blindheit, die den Lehrberuf ungehindert ausüben.
Mit Unterstützung von «we claim» – einem Projekt von Inclusion Handicap, das die Rechte von Menschen mit Behinderungen vor Gericht einfordert –, zog sie deshalb vor die Rekurskommission der Zürcher Hochschulen. Die Rekurskommission hiess ihre Beschwerde im Januar 2025 gut. Die PH Zürich zog diesen Entscheid jedoch ans Verwaltungsgericht des Kantons Zürich weiter.
Das Urteil
Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich hat nun die Beschwerde der PH Zürich abgewiesen und damit den Entscheid der Rekurskommission bestätigt. Es kam zum Schluss, dass sowohl die bereits ausgeübte Lehrtätigkeit von Vivien Stadler als auch die weiteren Beispiele von Lehrpersonen mit vergleichbaren oder sogar noch weitergehenden Sehbehinderungen die gesundheitliche Eignung zum Lehrberuf belegen.
Auch wenn Vivien Stadler theoretisch – trotz des Anspruchs auf Unterstützungsmassnahmen wie Assistenz oder technische Hilfsmittel – einzelne Arbeitsstellen aufgrund ihrer Sehbehinderung nicht ausführen könnte, wäre dies als Begründung zur Nichtzulassung zum Studium nicht stichhaltig. Denn der Ausschluss vom Studium stelle eine erhebliche Einschränkung von Vivien Stadlers Möglichkeiten der Berufswahl dar.
So geht es jetzt weiter
Vivien Stadler steht es nun offen, sich erneut für das Studium an der PH Zürich anzumelden. Ihr Beispiel zeigt, dass das Hochschulbildungssystem noch lange nicht gleichermassen für Menschen mit und ohne Behinderungen zugänglich ist. Dies, obwohl die Schweiz sich mit der Ratifizierung der UNO-Behindertenrechtskonvention dazu verpflichtet hat.
Text mit freundlicher Genehmigung von unserem Dachverband Inclusion Handicap (Newsletter vom 27. Oktober 2025) übernommen.